Wort zum Sonntag
Immer weniger können wir voraussetzen, dass Menschen in unserem Land wissen, welche Bedeutung die christlichen Feste haben. Wenn das schon für Weihnachten und Ostern gilt, wie viel mehr für das Pfingstfest? Und ehrlich gesagt, ich habe den Eindruck, dass auch Christen etwas hilflos sind, dieses Fest bewusst zu feiern. Der Name des Festes geht zurück auf den griechischen Titel Pentekoste und dieser beschreibt einfach den zeitlichen Abstand zum Osterfest, nämlich 50 Tage. Inhaltlich erinnert das Fest an ein Ereignis vor über 2000 Jahren, als die engsten Freunde von Jesus, die Apostel, mit dem Geist Gottes erfüllt wurden. Durch diese BeGEISTerung waren sie mutig und fähig genug, die frohe Botschaft von Jesus Christus weitläufig bekannt zu machen. Aber das Pfingstfest war nicht die Geburtsstunde des Geistes Gottes. Den gibt es schon immer, denn Gott ist Geist. Und er lässt sich auch nicht von der christlichen Kirche einfangen und vereinnahmen. Gottes Geist ist der Schöpfergeist. Gott hat der ganzen Schöpfung seinen Geist als Lebenskraft eingehaucht, dem kleinesten Gänseblümchen, dem frechen Spatzen auf der Dachrinne und meinem atheistischen Freund, der meint, Gott los zu sein. Alles Lebendige ist dazu bestimmt, Wohnort seines Geistes zu sein und Gott selber ist Freund des Lebens. Darum ist mein Sonntagsspaziergang eine durchaus geistliche Beschäftigung. Sehe ich die saftigen Wiesen, höre ich die Vögel und spüre ich den Wind, dann denke ich: HERRLICH! Das Pfingstfest lädt dazu ein, sich bewusst zu machen, dass der Heilige Geist die Schöpfung mit Gott und die Geschöpfe untereinander verbindet. Es wäre dem Pfingstfest angemessen, am Sonntag einen Morgenspaziergang zu machen um die herrliche Schöpfung zu bestaunen. Aber gehen Sie früh genug los, damit Sie um 10:00 Uhr in einem Gottesdienst zusammen mit anderen Menschen den Schöpfer loben und sich selber erneut in die Beziehung zu ihm setzen.
Klassentreffen nach 30 Jahren – plötzlich steht er vor mir und ich spüre, wie die alten Gefühle wieder hochkommen. Hatte ich die Geschichte nicht längst vergessen? Der genaue Wortlaut seiner Bemerkungen kommt mir in den Sinn und ich erinnere mich bis ins Detail.
Es ist ein Trugschluss, dass zum Vergeben auch das Vergessen gehört. Vergebung ist eine bewusste Willensentscheidung, Vergessen ist ein unbewusster Prozess. Was wir meinen, wenn wir sagen „vergeben und vergessen“ ist, wir wollen nicht mehr dran denken. Tatsächlich ist es so: wer nicht vergeben hat, muss sich erinnern; wer aber vergeben hat, darf sich erinnern.
Ist das zu theoretisch? Ein Beispiel. In diesen Tagen jährt sich die Versöhnung der lutherischen und der mennonitischen Kirche. Im Juli 2010 haben sich der Lutherische Weltbund und die Mennonitische Weltkonferenz in Stuttgart gegenseitig vergeben und offiziell versöhnt. Im Zentrum vorausgehenden langjährigen Gespräche stand die Verfolgung der Täuferbewegung im 16. Jahrhundert. Statt sich gegenseitig Vorwürfe zu machen, ist es nach fast 500 Jahren gelungen, gemeinsam die Geschichte anzuschauen, sie zu bewerten und die eigene Schuld zu benennen. Wenn wir nun auf die Versöhnung zurückschauen, tun wir es ohne gegenseitige Schuldzuweisung. Wir können, ja, wir dürfen und sollen uns erinnern, damit wir die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen. Im Zentrum der Erinnerung steht jetzt nicht mehr die Schuld, sondern die gegenseitige Vergebung. Auf dem Fundament der Liebe und der Vergebung Gottes können wir zu unserer Schuld stehen, uns selber und auch gegenseitig vergeben. Ein beendeter Krieg, ein beigelegter Konflikt, eine überwundene Ehekrise sind Gründe zum Erinnern, zum Danken und zum Feiern. Es muss ja nicht immer 500 Jahre dauern, bis das möglich ist. Mein nächstes Klassentreffen kommt bestimmt.
Pastor Lutz Heidebrecht
Mennonitengemeinde Backnang
Mennostr. 6
D-71522 Backnang
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Vor genau 450 Jahren, also im Jahr 1567, hielt sich der lutherische Theologe Jakob Andreae in Esslingen 33 bemerkenswerte Predigten. Jakob Andreae, geboren 1528 in Waiblingen, war mittlerweile Theologieprofessor in Tübingen und kam wohl wegen der dortigen Pest für einige Monate nach Esslingen. Er war maßgeblich an der Erstellung der Konkordienformel (1577) beteiligt, die die Zerwürfnisse innerhalb der lutherischen Kirche nach dem Tod Martin Luthers verbinden sollte.
Die letzten 10 Predigten seiner Predigtreihe in Esslingen widmete er der Lehre der Täuferbewegung, die durch die Tätigkeit des Täuferpredigers Wilhelm Reublin in Süddeutschland zu einer beachtlichen kirchlichen Gruppe geworden war. Das Täufertum war hier zunächst von den Schweizer Täufern bestimmt worden. In Friesland wurden die verfolgten Täufer dann Mennoniten genannt, weil sie dort von dem ehemaligen katholischen Priester und Namensgeber Menno Simon in Ortsgemeinden gesammelt und betreut wurden.
Warum sollte man sich nach 450 Jahre an Jakob Andreae erinnern? Weil er sich zusammen mit Johannes Brenz deutlich gegen die damals häufig an den Täufern vollzogenen Todesstrafe ausgesprochen hat. Natürlich hat er in seinen Predigten in Esslingen versucht, die Überzeugungen der Täufer zu widerlegen, aber er hat sich immerhin die Mühe gemacht, ihre Schriften zu lesen, sich mit Vertretern der Bewegung zu treffen und ihre Argumente zu verstehen. So geht er Schritt für Schritt die täuferischen Überzeugungen durch und spricht über Wahrhaftigkeit, Gewaltfreiheit, das Taufverständnis und das fehlende Amtsverständnis der Täufer. Wir können mindestens zwei Sachen von Jakob Andreae lernen.
Im Jahr des 500jährigen Reformationsjubiläums sollten gläubige Menschen sich nicht weniger Mühe geben, einander zu verstehen. Ökumene ist kein Einheitsbrei, sondern die profilierte Begegnung von Menschen mit unterschiedliche Überzeugungen. Auch wenn Jakob Andreae nicht um Verständnis für die Täufer geworben hat, soll seine Überzeugung hervorgehoben werden, dass keine Konfession und keine Religion die von ihr erkannte Wahrheit mit Gewalt durchsetzen darf.
Ja, das ist angesichts der Glaubenskriege im 21. Jahrhundert ein frommer Wunsch für das Reformationsjubiläum, aber vielleicht können wir uns in unserem Umfeld für seine Verwirklichung einsetzen.
Pastor Lutz Heidebrecht
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Eines Morgens vor drei Wochen, als ich ins Auto stieg und losfahren wollte, erschien die Anzeige das erste Mal: „Kurvenlicht überprüfen lassen!“ Mit einer großen Dominanz füllten die drei Worte das ganze elektronische Display, das mir sonst über mehrere Details Auskunft gibt. Ja, noch mehr, es füllte auch meinen ganzen Kopf. In Gedanken stellte ich mir vor, wie groß der technische Defekt sein müsste, wenn die Fehlermeldung die ganze Anzeige so aggressiv und einnehmend blockiert. Mein zweiter Gedanke galt natürlich den anfallenden Kosten, die durch die Reparatur entstehen würden. Ich fuhr in die Stadt, stellte den Wagen ab und hoffte inständig, dass dieser Anzeige bei der Rückfahrt einfach nicht mehr erscheinen würde und sich das Problem in Luft aufgelöst hätte. Dem war nicht so. Die Größe der Buchstaben ließ mich befürchten, dass dies keineswegs ein kleines Problem sei. Die Tage vergingen, Autofahren machte keinen Spaß mehr. Endlich hatte ich einen Termin in der Werkstatt. Ich gab den Wagen ab und wartete noch auf die erste Diagnose des Mechanikers, bevor ich mich um einen Mietwagen kümmern wollte. Nach wenigen Minuten kam er zurück und sagte, dass nur eine kleine Lampe kaputt gewesen sei. Er überreichte mir meinen Schlüssel und wünschte mir eine gute Fahrt. Ich muss ziemlich dumm aus der Wäsche geschaut haben. „Das darf doch nicht wahr sein. So ein kleines Problem blockiert die ganze Anzeige und schafft es, mir die Ausgeglichenheit zu rauben?“
Diese kleine Glühbirne hat mich sehr nachdenklich gemacht und sie ist mir zu einem Beispiel geworden. Wenn ich ehrlich bin, lasse ich es immer wieder zu, dass kleine Sorgen, relativ unbedeutende Probleme und atmosphärische Störungen mich sehr in Beschlag nehmen und blockieren. Ich möchte auf der Hut sein, dass ich nicht die Vorstellung von einem sorgenfreien Leben zur Norm mache und meinen Alltag daran messen. Denn sonst ist es völlig klar, dass ich die Dankbarkeit und die Freude am Leben verliere. Ich möchte einem auftretenden Problem nicht erlauben, an den Grundfesten meines Lebens zu rütteln. Ich bin und bleibe ein von Gott geliebter Mensch und der Allmächtige hat mir in Jesus Christus seine Begleitung und Unterstützung zugesagt. Das soll mein Leben bestimmen, auch dann oder gerade dann, wenn es eben nicht optimal läuft.
Pastor Lutz Heidebrecht
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